Räuchern neu entdecken

 
Traditionell Räuchern Valerie Jarolim Pfanne Räucherkohle Alm

Das Verglühen von aromatischen Substanzen aus dem Pflanzen­reich begleitet die Mensch­heit seit Jahr­tausen­den. Heute ist die Räucher­kultur vielfach in Vergessen­heit geraten. Doch gerade in unserer hektischen, schnell­lebigen Zeit können uns derartige Rituale helfen, den Lärm der Welt zu vergessen und den Takt der Natur wieder zu spüren.

 

Allen Kulturen weltweit und auch unseren Vorfahren diente das Räuchern neben religiösen und rituellen Zwecken auch ganz irdischen An­gelegen­­heiten – um Wohn­räume und Ställe zu reinigen, Kranke zu heilen oder Böses fern­zu­halten. Früher nutzten die Menschen das Feuer, heute werden meist alternative Wärme­­­quellen wie Kohle verwendet, um die ent­­haltenen Duft­stoffe frei­zusetzen, die sich dann mit dem auf­­steigenden Rauch in der Luft verteilen.

 
 

„Wichtige Dinge verschwinden nicht, sie schlummern in der Tiefe. Wenn ihre Zeit wieder gekommen ist, erwachen sie wieder und erscheinen wie neu.“

Susanne Fischer Rizzi

 
Traditionell Räuchern Valerie Jarolim Pfanne Räucherkohle Alm
 
 

Altes Räucherwissen im modernen Alltag


Traditionell wichtige Zeiten, die immer schon mit Räucher­ungen begleitet wurden, sind die Jahres­kreis­feste. Als es noch kein Datum gab, orientierten sich die Men­schen am Vege­tations­zyklus der Natur und markierten das Jahr, um es zu gliedern, mit den acht „Jahres­kreis­­festen“ (Samhain, Yule, Imbolc, Ostara, Beltane, Litha, Lugnasad, Mabon).

 
Jahreskreis Jahreskreisfeste traditionenelle keltische Feste
 

„Es muss feste Bräuche geben.“

Diese naturverbunden Feste reihen sich in immer­wäh­render Wiederholung aneinander und waren früher von großer Bedeutung. Wiederkehrende Riten wie diese ver­liehen dem Alltag etwas Besonderes und stärkten die Gemeinschaft. Der Schleier zur Anderswelt galt als be­sonders dünn. Viele der Bräuche gerieten im Laufe der Zeit fast vollständig in Vergessenheit. Manche finden sich abgewandelt in christlichen und anderen religiösen Festen (z.B. Samhain in Halloween und Allerheiligen, Yule in Weih­nachten). Sie neu zu entdecken, lässt uns den Rhyth­mus der Natur und damit unseren „Ur-Rhythmus“ spüren. Schon der Fuchs, im Klassiker „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry wusste: „Es muss feste Bräuche geben.“

 

Die Kraft des Räucherns

Von seiner Kraft hat das Verglühen von aromatischen Substanzen seither nichts verloren. Jeder kann das Ritual des Räucherns für sich neu entdecken und interpretieren – es bietet sich wunderbar als Begleitung zu den Jahres­kreis­festen an, dient jedoch auch im Alltag zum Ent­spannen, Energie schöpfen, Meditieren oder zur Förderung der Konzentration. Es ist ein zutiefst beruhigender Brauch, der reinigend und klärend auf Menschen wirken kann. Häuser und Wohnungen werden beispielsweise beim Einzug geräuchert, um somit sinnbildlich ein neues Kapitel aufzuschlagen, das „Ausräuchern“ nach einem Streit hilft die Wogen zu glätten und eine entspannte, friedvolle Atmosphäre wiederherzustellen.

 
Baum Nebel Wiese mystische Stimmung
 
Harz Tropfen Rinde Wald Fichte
 
 

Die natürliche Raumbeduftung


Räuchern ist die natürlichste Form der Raumbeduftung, gänzlich frei von chemisch-synthetischen Duftstoffen. Es ist eine Wohltat für alle unsere Sinne. Wir nehmen die freiwerdenden, pflanzlichen Duftstoffe mit unserem Geruchs­sinn wahr, sehen das Lodern der Kerze, den ver­spielten, tanzenden Rauch und spüren die Wärme des Feuers auf unserer Haut. Räuchern hat etwas Magisches an sich und strahlt eine Atmosphäre der Andacht und Ruhe aus. Und das Tolle daran? Räuchern kann man überall – egal ob Büroräumlichkeiten, großes Landhaus, kleine Stadtwohnung oder andere, fast vergessene Winkel und Nischen.

 

Das richtige Räucherwerk und dessen Handhabung


Schon früh erkannten Menschen, dass der Rauch, der beim Verglühen von bestimmten Pflanzen entsteht, ganz be­sondere Wirkungen entfaltet. Durch fortwährendes Experimentieren lernten unsere Vorfahren, sich die unter­schiedlichen Pflanzenstoffe zu Nutze zu machen – schnell war klar, dass das Verglühen und Räuchern von Holunder­blüten etwa andere Resultate erzielt als jenes mit Wacholder­holz oder Fichten­harz. Obwohl viele beim Räuchern unmittelbar an Kirche, Weihrauch und Myrrhe denken, waren es früher hauptsächlich heimische Kräuter, Gewürze und Baumharze die als Räucherwerk dienten. Und das aus gutem Grund schließlich konnte damals wie heute aus einem breiten Spektrum an heimischen (Heil-) Pflanzen geschöpft werden. 

Wichtig war und ist, dass die Pflanzenteile wie Blüten, Blätter, Samen, Rinden, Harze, Moose etc. gut getrocknet sind, bevor sie verglüht werden. Wer das möchte, kann Räucherpflanzen auch selbst sammeln und trocknen. Allein diese Tätigkeit erdet uns und lässt uns die Natur­ver­bunden­heit besser spüren.

Früher galt übrigens bereits das Sammeln von Räucher­werk als rituelle Handlung. Als besonders kraftvoll galten Pflanzen die rund um Beltane (Walpurgisnacht 30.4.-1.5.), die Sommersonnenwende (Litha 21.6.) und zum Frauen­dreißiger (15.8.-15.9.) gesammelt wurden.

 
Räucherbüschel Beifuß Schafgarbe Dost
 
 

Räucherkunde nach Pflanzen und Räucherverfahren


Je nach Gefühlslage und Befinden bieten sich viele wunder­­bare Pflanzen für wohltuende Räucherungen an. Für Ruhe und Gelassenheit sorgen z.B. Hopfenblüten, Baldrian, Fenchel, (Stern-)Anis, Kamille und Lavendel. Sie können entspannend und schlaffördernd wirken und be­ruhigen kreisende Gedanken. Rose, Tannen- oder Fichten­nadeln, Nelken und getrocknete Orangenschalen heben auch an trüben Tagen die Stimmung. Holunder, Königs­kerze und Johanniskraut können ebenfalls stimmungs­auf­hellend wirken und Spannungen abbauen. Wenn nach einem Streit „dicke Luft“ herrscht oder Sorgen in der Luft hängen bleiben können Räume „atmosphärisch“ gereinigt werden. Hier sprechen wir vom „Ausräuchern“. Geeignetes Räucherwerk ist z.B. Salbei, Beifuß, Lavendel, Wacholder und Weihrauch. Du findest hier meine mit viel Liebe und von Hand zusammengestellten Räuchermischungen.

 
Räucherkohle ausräuchern reinigend

— In einer Schale mit Kohle räuchern.

Bei dieser Variante kommt es zu einer relativ starken Rauchentwicklung, da die Kräuter direkt verglühen und sich der Rauch mit der Luft schnell im ganzen Raum ver­teilt. Das empfiehlt sich für intensive, reinigende Räu­cherungen und das klassische „Ausräuchern“ bei Um­zügen zum Beispiel.

 
Räucherstövchen sanft Yoga Abend

— Räuchern mit einem Stövchen.

Eine etwas sanftere Methode, bei der die Räucherware nicht direkt verglüht. Die Pflanzenaromen werden dabei ganz sanft und ohne starken Rauch freigesetzt. Diese Art des Räucherns ist eine wunderbare Begleitung zu Yoga und eine Wohltat für wohlige Abendstunden. 

 
Räucherbüschel intensiv

— Räucherbüschel

Eine weitere tolle Variante ist das Räuchern mit Räucher­büscheln. Auch hier entwickelt sich ein intensiver Pflanzen­rauch. Die Räucherbüschel können selbst gemacht werden, jedoch gibt es diese auch fertig zu kaufen, beispielsweise in Bioqualität von Kruut.

Mit dem Code „Blatt&Dorn“ bekommt ihr dort die Büschel 15 % günstiger. (Werbung Kooperationspartner)

 
Räuchertoffee alternative Räuchermethode

— Alternative Räuchermethoden

Auch andere Methoden wie Räuchertoffees stehen uns zur Verfügung.

 
 

Räuchern zu den Rau(h)nächten


Eine ganz besondere Bedeutung hat das Räuchern schon immer in den „Rauhnächten“. Das zeigt sich auch im Namen dieser besonderen Zeit, der abgeleitet wird von dem mittelhochdeutschen „rouchnahten“ und „rouch“ was „räuchern“ bedeutet. In diesen Tagen „zwischen den Jahren“ feierte man früher den Sieg des Lichts über die Dunkelheit. Sie galten als Zeit des Innehaltens, der An­dacht und des Rückzugs. Damals nahmen die Menschen schwere, gusseiserne Pfannen zur Hand, füllten diese mit rot leuchtender Ofenglut und Räucherwerk und gingen damit durch Haus und Stall, um böse Mächte zu ver­treiben. Vor allem in ländlichen Regionen blieb der Brauch des Räucherns in der Zeit zwischen den Jahren erhalten. Mancherorts hat es sich eingebürgert, nur an bestimmten Tagen im Jahr, wie z.B. an Heiligabend, Silvester und Heilige Drei Könige zu räuchern. Ich räuchere in dieser Zeit besonders gerne die Holy Smoke Räuchermischung.

Eine einzig wahre, „richtige“ Anleitung für die „perfekte“ Räucherung gibt es nicht. Räuchern ist stets auch etwas Persönliches, Individuelles und Intuitives und jeder und jede räuchert ein kleines bisschen anders. Wir können uns aber an den alten Traditionen orientieren und mit dem Räuchern dazu beitragen, mehr Ruhe und Aus­ge­glichen­heit zu finden.

 
 
Raunächte Palo Santo Räucherschale Kruut
genießen innehalten ausgeglichen Ritual Brauch
 
 

Slow down …
Um das Räuchern in den Raunächten voll und ganz genießen zu können, helfen diese Tipps zur Einstimmung.

 
 
  • Genug Zeit nehmen und elektrische Geräte wie Handy, Fernseher und große Lichter abdrehen.

  • Einen gemütlichen Platz (allein oder mit der Familie) aussuchen.

  • Räucherschale und Räucherwerk vorbereiten.

  • Licht dimmen und Kerzen anzünden.

  • Zur Ruhe kommen, einige tiefe und bewusste Atemzüge helfen dabei.

Alles rund ums Räuchern und die magischen Rauhnächte, welche Pflanzen sich dazu eignen und wie sie ihre Wirkungen entfalten, könnt ihr auch in meinem Cosmic Scent — Räucherkunde Onlinekurs lernen.

 

Cosmic Scent — Räucherkunde Onlinekurs

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Licht Schatten Stimmung
 

Fotos:
Daniel Hobelsberger
Valerie Jarolim
Felberspulak Media

Literatur:
Ursel Bühring – Praxis-Lehrbuch Heilpflanzenkunde

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