Was du über Kräuter wissen solltest, bevor du sie verwendest
Valerie Jarolim BSc., Kräuterpädagogin
Zum Thema Kräuter gibt es viel zu sagen. Es füllt ganze Bücher, bzw. bei mir schon ganze Bücherschränke, und immer mehr Menschen wollen Kräuter in ihr Leben integrieren. Ob nun für Küche, Gesundheit, Naturkosmetik oder ganz allgemein … ein paar grundlegende Dinge über Kräuter sollte aber jeder „Kräuterfan“ unbedingt wissen. Ich habe das Wichtigste für dich zusammengefasst. Und möchte vorab noch betonen, dass die Anwendung von bewährten, traditionellen Kräutern in der Naturheilkunde lindernd und unterstützend wirken kann aber keinen Arztbesuch ersetzt. Die Selbstmedikation mit Kräutern kann (vor allem bei Fehlinformation) unerwünsche Folgen nach sich ziehen. Bei ungewöhnlichen und anhaltenden Beschwerden sollte immer ein Arzt/eine Ärztin aufgesucht werden.

Kräuter richtig sammeln: So geht’s!
Um das Maximum aus deinen Kräutern rauszuholen, gilt es natürlich einiges zu beachten. Das beginnt schon beim Sammeln!
Die wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe sind nicht gleichmäßig über die gesamte Pflanze verteilt und auch nicht über die gesamte Vegetationszeit verfügbar. Von manchen Pflanzen brauchen wir daher nur die Blätter und von anderen die Wurzel.
Die unterschiedlichen Pflanzenteile müssen dementsprechend zu verschiedenen (Jahres-)Zeiten gesammelt, unterschiedlich getrocknet und verarbeitet werden. Damit beispielsweise der Gehalt an ätherischen Ölen in der Minze am höchsten ist, sollten die Blätter vor der Blüte geerntet werden. Braucht man Blüten, wie von der Ringelblume, sammelt man diese am besten zur Mittagszeit an einem schönen, sonnigen Sommertag.
Beim Sammeln gilt immer: Gehe sorgfältig vor und betreibe keinen Raubbau! Das bedeutet unter anderem, dass du Stängel vorsichtig abschneidest und nicht mitsamt der Wurzel ausreißt. Es bedeutet auch, dass du nie alles an einem Ort abernten, sondern immer genug für Nützlinge stehen lassen solltest. Für Bienen und Hummeln zählen Kräuter nämlich zu den wichtigsten Nahrungsquellen.
Grundregeln zum Sammeln nach Jahreszeit
• Frühling: Blätter und junge Triebe
• Sommer: das ganze Kraut und Blüten
• Herbst und Frühling: Wurzeln
• im Winter, bzw. bei Schnee wird nicht gesammelt!


Wann darfst du Kräuter nicht sammeln?
• Kennst du die Pflanze nicht, oder bist du dir nicht zu 100 Prozent sicher, darf die Pflanze NICHT gesammelt werden! Es landen nur Kräuter im Sammelkorb, die du wirklich kennst. Deine Gesundheit steht immer an erster Stelle und Verwechselungen mit Giftpflanzen können zu Vergiftungen und im schlimmsten Fall zum Tod führen!
• Neben Straßen, an Wegrändern und auch an Gleisen ist das Sammeln tabu.
• Flächen konventioneller Landwirtschaft sind meist mit Rückständen giftiger Pestizide und synthetischen Düngemitteln belastet – auch hier lässt du die Finger besser von den Kräutern.
• In Naturschutzgebieten darf nicht gesammelt werden! Das gilt auch für generell geschützte Pflanzen wie Enzian und Orchideen.
• Ist eine Pflanze schmutzig oder hat viele Insekten-Fraßlöcher, ist sie nicht für den Gebrauch als Heilpflanze oder für den Verzehr geeignet.
• Im Winter wird ebenfalls kaum gesammelt. Die Pflanzen enthalten dann weniger Inhaltsstoffe und befinden sich in der Ruhephase.
Lose Kräuter kaufen: Das solltest du beachten!
Kräuter in der freien Natur zu sammeln, ist zwar die ökologischste und ökonomischste Variante, aber leider nicht für jeden möglich. Deshalb kannst du Kräuter auch in Töpfen kaufen, im Garten anbauen oder bereits getrocknet aus dem Supermarkt oder der Apotheke beziehen.
Achte beim Kauf unbedingt auf Bioqualität! Giftige Pestizide, die in der konventionellen Landwirtschaft verwendet werden und Umwelt und Körper belasten können, haben hier nichts verloren. Kaufst du getrocknete Kräuter, sollten diese lose und die Pflanzenteile wie Blätter und Blüten in möglichst großen Stücken erhalten sein. Kräuter im Teebeutel sind sehr stark zerkleinert, bzw. fast pulverisiert. Damit gehen viele Inhaltsstoffe und so auch die Wirksamkeit verloren.
Warum Tee oft falsch zubereitet wird …
It’s tea time! Tee ist mit Abstand die beliebteste Form, um Kräuter aufzunehmen und ihnen die wertvollen Inhaltsstoffe zu entlocken. Aber lass dir sagen, Tee ist nicht gleich Tee. Manchmal ist der herkömmliche Aufguss gar nicht der beste Weg …
… sondern es bedarf einer Abkochung um beispielsweise an die schwer lösliche Kieselsäure zu kommen, wie es beim Ackerschachtelhalm der Fall ist. Abkochungen macht man aber auch bei Wurzeln und Früchten wie bei Baldrian und Hagebutte.
Daneben gibt es den Kaltauszug, bei dem Kräuter nur in kaltem Wasser angesetzt werden, um die hitzeempfindlichen Schleimstoffe nicht zu zerstören. Schleimstoffe wirken reizlindernd bei Halsschmerzen und Husten und sind in hohen Mengen in Malvengewächsen enthalten.
Und last but not least, sollte man Tee immer zugedeckt ziehen lassen, damit sich wertvolle, leicht flüchtige Inhaltsstoffe nicht mit dem Wasserdampf in Luft auflösen. Vor allem gilt das für Pflanzen mit einem hohen Gehalt an ätherischen Ölen wie Kamille, Melisse und Minze.


Mit einem Tee-Mythos muss auch noch aufgeräumt werden, und zwar mit dem Irrglauben, dass Tee nur aus getrockneten Kräutern zubereitet wird. Die Trocknung stellt lediglich eine Form der Konservierung dar. Solange im Frühling und Sommer aber alles sprießt und blüht, kannst du genauso gut frische Kräuter verwenden. Probier doch mal einen Tee aus frischen Brennnesselblättern! Geschmack und Farbe sind bei frischen Kräutern oft viel intensiver.
Merke dir also: Bevor du also zur Teekanne greifst, schau mal im Kräuterbuch deines Vertrauens nach, wie das jeweilige Kraut am besten zubereitet wird. Oder du machst meinen Kräuterkunde Online-Kurs! Auch da erfährst du genau, welche Pflanze wie zubereitet wird.
Darauf solltest du bei der Einnahme von Kräutern achten
• So gut wie keine Pflanze ist für den Dauergebrauch geeignet! Um Nebenwirkungen, Gewöhnungseffekte oder gar Vergiftungserscheinungen zu vermeiden, solltest du spätestens nach sechs Wochen pausieren! Achte auch stets auf die richtige Dosierung (2 TL Kraut / Tasse)!
• Achtung bei Erkrankungen! Harntreibende Pflanzen wie die Brennnessel sollten nicht bei Ödemen infolge von eingeschränkter Herz-Nieren-Tätigkeit eingesetzt werden! Bei Gallensteinen muss man mit Bitterpflanzen aufpassen, da es dadurch zu ungewollten, sehr schmerzhaften und komplikationsreichen Abgängen kommen kann.
• Achtung auch in Kombination mit Medikamenten: Johanniskraut kann die Wirkung der Anti-Baby-Pille und anderer Medikamente herabsetzen. Schleimstoffhaltige Pflanzen sollten sogar nur etwa eine Woche als Kur (drei Mal täglich als Tee oder Tinktur) eingenommen werden, da es zu einer verminderten Resorption von Medikamenten, aber auch einer verminderten Nährstoffaufnahme im Darm kommen kann.
• Nicht alle Kräuter sind in jeder Situation geeignet. So kann Beifuß in der Schwangerschaft sehr negativ, weil frühzeitig wehenauslösend, wirken. Manche Kräuter enthalten neben vielen positiven auch bedenkliche Stoffe, wie die Pyrrolizidinalkaloide. Kräuter, die diesen Stoff beinhalten, dürfen, wenn überhaupt, nur in kleinen Mengen und nur über einen kurzen Zeitraum angewendet werden und sind für Kinder und auch in der Schwangerschaft und Stillzeit absolut tabu.
• Manche Kräuter sind ohnehin tabu, weil sie Giftstoffe in hohen Mengen enthalten. Zu wissen, welche Kräuter giftig und welche essbar sind, ist also das oberste Gebot!
Unkraut – Wildkraut – Heilkraut?
Zu den Heilkräutern zählen seit jeher auch Wildpflanzen, also Pflanzen, die frei in der Natur und ohne jegliches menschliche Zutun auftreten. Sie werden von uns weder bewässert, noch vor Krankheiten und Schädlingen geschützt oder gedüngt. Bis vor etwa 10.000 Jahren, also bevor der Mensch mit Landwirtschaft und Pflanzenzucht begonnen hat, gab es auch nur Wildpflanzen. Es gab keine Kulturlandschaft mit Weizen- oder Kartoffelfeldern. Es gab nur ihre Wildformen, aus denen mittels Zucht mit der Zeit unsere Kulturpflanzen wurden.
Diese wurden auf zunehmend größeren Flächen angebaut und der unerwünschte Wildwuchs dazwischen als vernichtungswürdiges Unkraut bezeichnet. Eine sehr traurige Entwicklung, denn gerade die völlig naturbelassenen Wildkräuter sind für uns als Superfood, als Heilkräuter und auch für das Ökosystem von großer Bedeutung. Dass Wildkräuter mittels chemisch-synthetischer Spritzmittel bekämpft werden, führt zum Bienensterben und belastet die Natur enorm. Mein Tipp: „Unkraut“ besser ernten statt jäten.


Weniger ist mehr!
Du brauchst von Kräutern meist viel weniger, als du denkst. Das solltest du dir immer vor Augen halten, wenn du Gefahr läufst, in einen Sammelrausch zu verfallen.
Keine Sorge! Niemand kann und muss von Beginn an alle Kräuter kennen! Mit einer Handvoll, die du wirklich gut kennst, kannst du schon vieles anstellen. Ein gutes Beispiel ist das Gänseblümchen. Es hat essbare Blüten, die viel abwehrstärkendes Vitamin C enthalten und jedes Gericht optisch aufpeppen. Der Gänseblümchentee kann bei Erkältungen getrunken werden und eine selbstgemachte Gänseblümchensalbe hilft bei kleinen Wehwehchen wie Kratzern und Insektenstichen.
Ich finde es vor allem zu Beginn sinnvoller, wenige Pflanzen gut zu kennen, als viele Pflanzen nur vage zu kennen!
Wie bereits oben erwähnt, macht die Dosis das Gift und Langzeitanwendungen sollten vermieden werden!
Auch wenn die Welt der Kräuter und Wildpflanzen noch so aufregend und verlockend ist, muss ich nochmal betonen, dass nur das gesammelt werden darf, was man wirklich kennt! Um mehr über Kräuter zu lernen, gibt es heutzutage zum Glück viele Möglichkeiten: Kräuterwanderungen und -spaziergänge, Workshops, Online-Kurse, Bestimmungsbücher und Apps. Schau dich einfach gut um und freu dich auf viele tolle Kräutererlebnisse!
Disclaimer: Rezepte, Anwendungsvorschläge, Inhalte und Angaben wurden nach dem aktuellen Wissensstand der
Autorin sorgfältig recherchiert und verfasst, erfolgen aber ohne Gewähr. Sie stellen keinesfalls Anspruch
auf Vollständigkeit und/oder Richtigkeit im schulmedizinischen Verständnis. Es muss betont werden, dass
jeder Mensch unterschiedlich auf die Rezepte reagieren kann. Auch natürliche Zutaten, Stoffe und Rohstoffe
wie Pflanzenöle, ätherische Öle, Bienenwachs etc. können Allergien, Unverträglichkeiten und andere
Nebenwirkungen auslösen. Bei Beschwerden ist eine ärztliche Abklärung unumgänglich. Die Autorin haftet
nicht für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den gegebenen Anregungen resultieren.
Sehr schön beschrieben!!Danke,Valerie!
Danke für’s Lesen und das Feedback 🙂
LG, Valerie
Hallo! 🙂
Weshalb ist eine Pflanze unbrauchbar wenn sie Insekten-Fraßlöcher hat?
Geht man da von Viren oder Bakterien aus?
p.s.: Sehr schöner Beitrag!
LG Marianne
Liebe Marianne,
Löcher an den Pflanzen können viele Gründe haben – wie zB einen Pilzbefall und es kann immer sein dass sich an der Inhaltsstoffzusammensetzung etwas ändert und im blödesten Fall sich unerwünschte/ungesunde Stoffe bilden. Was man eher nicht haben möchte.
LG Valerie
Hallo Valerie,
als Anfängerin habe ich schon allein durch diesen Artikel so Manches gelernt. 😜
Da sich die Fragen für mich als Neuling erst ergeben, habe ich auf deine Anfrage nicht geantwortet; jetzt ist mir allerdings eine, wie ich glaube nicht unwichtige, Frage eingefallen: Welche Kräuter sollte ich als Basic in meiner Hausapotheke haben? In welcher Form gelagert? Was kann ich wie daraus zubereiten?
Ich freue mich schon unheimlich auf den Online-Kurs.
Herzliche Grüße,
Bernadette
Genau, das wird der Online-Kurs abdecken. Danke für dein Feedback und es freut mich riesig, wenn ich mein Wissen an Interessierte weitergeben kann!
Tausend Dank und viele liebe Grüße,
Valerie
Super interessante Informationen, danke Valerie 😊👍
Freut mich, danke dir!!
Liebe Grüße, Valerie
LIebe Valerie,
schöne und interessante Information
Danke dir!!!
Auf dem Tisch stand Salz und Pfeffer und ein Flaschchen Maggi (in der Schweiz gerne auch das Aromat) zum nachwurzen. Als Dekoration uber den Salzkartoffeln verirrten sich hier und da ein paar Rollchen Schnittlauch. Im Wurstsalat traf man noch auf Majoran und als Hingucker beim Wiener Schnitzel noch eine Scheibe Tomate mit Petersilie. Auf Krauter wurde noch bis vor einem halben Jahrhundert gezielt verzichtet, da es als Binsenweisheit, unmodern und verstaubt galt.
Hallo liebe Valerie ,
ich habe ein Ringelblumenöl nach Deiner Anleitung ( Dogtisch A.) hergestellt , aber bei mir hat sich ca 0,3mm ein Ring dunkler Substanz abgesetzt, der schwimmt oben und vermischt sich nicht mit dem Öl. Was könnte das sein und kann ich das Öl trotzdem verwenden ? Ich habe frische Blütenköpfe verwendet.
Deine Videos bei Dogtisch Akademie sind ebenfalls klasse !
Liebe Grüße
Sylvia
Liebe Sylvia, danke für deine liebe Nachricht! Ich weiß leider nicht genau was das sein kann. Waren die Blüten trocken genug? Also eh kein Morgentau dran und hast du zu Mittag gesammelt? Wenn die Blüten sehr wasserhaltig oder auch nur ein bisschen nass sind, kann es schon Schimmel sein der sich gebildet hat. Riecht der Auszug schlecht oder säuerlich? Wenn ja, dann würde ich den Auszug besser nicht verwenden. Du kannst das nächste Mal auch versuchen, das Glas länger offen stehen zu lassen und nur mit einem Tuch oder Papier abdecken. Gerade bei frischen Pflanzen kann das manchmal hilfreich sein, damit Wasser entweichen kann. LG Valerie
Liebe Valerie kannst, bzw. darfst du Apps zur Kräuterbestimmung empfehlen?
Lg aus Tirol
Doris C.
Liebe Doris, klar kann ich dir da einige nennen. Muss aber gestehen, dass ich selber gar nicht damit arbeite. Hab aber mal eine Umfrage gemacht und folgende wurden am meisten genannt und am besten bewertet (unbezahlte Empfehlung): pl@ntNet, flora incognita, ipflanzen. Allerdings würde ich persönlich mich nicht nur auf das Ergebnis einer App verlassen, sondern zusätzlich auch mit einem Bestimmungsbuch arbeiten. Als alleiniges Mittel wäre mir eine App zu unsicher.
LG Valerie
Hallo Valerie
Deine Tipps zum sammeln und was man alles beachten muss/soll finde ich Top. Habe mir auch mal so ein Bestimmungsbuch gekauft, damit ich jetzt langsam anfangen kann. Finde es sehr schade, dass das Wissen der Grosseltern um die Wildkräuter langsam vergessen geht. Darum ein dreifaches Daumen hoch für Dich, dass Du einen kleinen Anstoss in die Welt setzt mit Deiner Seite. 🙂
Freue mich weiteres von Dir zu lesen
LG Fabi
Wow, vielen lieben Dank für deine Worte! Toll, dass du einen Teil dazu beiträgst dass dieses Wissen nicht verloren geht. LG Valerie