Räuchern neu entdecken
Das Verglühen von aromatischen Substanzen aus dem Pflanzenreich begleitet die Menschheit seit Jahrtausenden. Früher nutzten die Menschen das Feuer, heute werden meist alternative Wärmequellen wie Kohle verwendet, um die enthaltenen Duftstoffe freizusetzen, die sich dann mit dem aufsteigenden Rauch in der Luft verteilen.
Allen Kulturen weltweit und auch unseren keltischen Vorfahren diente das Räuchern neben religiösen und rituellen Zwecken ganz irdischen Angelegenheiten – um Wohnräume und Ställe zu reinigen, Kranke zu heilen oder Böses fernzuhalten. Heute ist die Räucher-Kultur vielfach in Vergessenheit geraten. Doch gerade in unserer hektischen, schnelllebigen Zeit können uns derartige Rituale helfen, den Lärm der Welt zu vergessen und den Takt der Natur wieder zu spüren.
„Wichtige Dinge verschwinden nicht, sie schlummern in der Tiefe. Wenn ihre Zeit wieder gekommen ist, erwachen sie wieder und erscheinen wie neu.“ (Susanne Fischer Rizzi)

Altes Räucherwissen im modernen Alltag
Traditionell wichtige Zeiten, die immer schon mit Räucherungen begleitet wurden, sind die Jahreskreisfeste. Als es noch kein Datum gab, orientierten sich die Menschen am Vegetationszyklus der Natur und markierten das Jahr, um es zu gliedern, mit den acht „Jahreskreisfesten“ (Samhain, Yule, Imbolc, Ostara, Beltane, Litha, Lughnasad, Mabon). Diese naturverbunden Feste reihen sich in immerwährender Wiederholung aneinander und waren früher von großer Bedeutung. Wiederkehrende Riten wie diese verliehen dem Alltag etwas Besonderes und stärkten die Gemeinschaft. Der Schleier zur Anderswelt galt als besonders dünn. Viele der Bräuche gerieten im Laufe der Zeit fast vollständig in Vergessenheit. Manche finden sich abgewandelt in christlichen und anderen religiösen Festen (z.B. Samhain in Halloween und Allerheiligen, Yule in Weihnachten). Sie neu zu entdecken lässt uns den Rhythmus der Natur und damit unseren „Ur-Rhythmus“ spüren. Schon der Fuchs, im Klassiker „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry wusste: „Es muss feste Bräuche geben“.

Räuchern, die natürliche Raumbeduftung
Räuchern ist die natürlichste Form der Raumbeduftung, gänzlich frei von chemisch-synthetischen Duftstoffen. Es ist eine Wohltat für alle unsere Sinne. Wir nehmen die freiwerdenden, pflanzlichen Duftstoffe mit unserem Geruchssinn wahr, sehen das Lodern der Kerze, den verspielten, tanzenden Rauch und spüren die Wärme des Feuers auf unserer Haut. Räuchern hat etwas Magisches an sich und strahlt eine Atmosphäre der Andacht und Ruhe aus. Und das Tolle daran? Räuchern kann man überall – egal ob Büroräumlichkeiten, großes Landhaus, kleine Stadtwohnung oder andere, fast vergessene Winkel und Nischen.
Das richtige Räucherwerk und dessen Handhabung
Schon früh erkannten Menschen, dass der Rauch, der beim Verglühen von bestimmten Pflanzen entsteht, ganz besondere Wirkungen entfaltet. Durch fortwährendes Experimentieren lernten unsere Vorfahren, sich die unterschiedlichen Pflanzenstoffe zu Nutze zu machen – schnell war klar, dass das Verglühen und Räuchern von Holunderblüten etwa andere Resultate erzielt als jenes mit Wacholderholz oder Fichtenharz. Obwohl viele beim Räuchern unmittelbar an Kirche, Weihrauch und Myrrhe denken, waren es früher hauptsächlich heimische Kräuter, Gewürze und Baumharze die als Räucherwerk dienten. Und das aus gutem Grund schließlich konnte damals wie heute aus einem breiten Spektrum an heimischen (Heil-) Pflanzen geschöpft werden.

Wichtig war und ist, dass die Pflanzenteile wie Blüten, Blätter, Samen, Rinden, Harze, Moose, etc. gut getrocknet sind, bevor sie verglüht werden. Wer das möchte, kann Räucher-Pflanzen auch selber sammeln und trocknen. Alleine diese Tätigkeit erdet uns und lässt uns die Naturverbundenheit besser spüren. Welche Pflanzen sich dazu eignen und wie sie ihre Wirkungen beim Räuchern entfalten, könnt ihr übrigens in meinem Räucherkunde Online-Kurs lernen. Früher galt übrigens bereits das Sammeln von Räucherwerk als rituelle Handlung. Als besonders kraftvoll galten Pflanzen die rund um Beltane (Walpurgisnacht 30.4.-1.5.), die Sommersonnenwende (Litha 21.6.) und zum Frauendreißiger (15.8.-15.9.) gesammelt wurden.
Räucherkunde nach Pflanzen und Räucherverfahren
Je nach Gefühlslage und Befinden bieten sich viele wunderbare Pflanzen für wohltuende Räucherungen an. Für Ruhe und Gelassenheit sorgen z.B. Hopfenblüten, Baldrian, Fenchel, (Stern-)Anis, Kamille und Lavendel. Sie können entspannend und schlaffördernd wirken und beruhigen kreisende Gedanken. Rose, Tannen- oder Fichtennadeln, Nelken und getrockneten Orangenschalen heben auch an trüben Tagen die Stimmung. Holunder, Königskerze und Johanniskraut können ebenfalls stimmungsaufhellend wirken und Spannungen abbauen. Wenn nach einem Streit „dicke Luft“ herrscht oder Sorgen in der Luft hängen bleiben können Räume „atmosphärisch“ gereinigt werden. Hier sprechen wir vom „Ausräuchern“. Geeignetes Räucherwerk ist z.B. Salbei, Beifuß, Lavendel, Wacholder und Weihrauch.

Beim Räuchern selbst gibt es mehrere Varianten:
- In Schalen mit Kohle räuchern: Bei dieser Variante kommt es zu einer relativ starken Rauchentwicklung, da die Kräuter direkt verglühen und sich der Rauch mit der Luft schnell im ganzen Raum verteilt. Das empfiehlt sich für intensive, reinigende Räucherungen und das klassische „Ausräuchern“ bei Umzügen zum Beispiel.
- Räuchern mit einem Stövchen: Eine etwas sanftere Methode, bei der die Räucherware nicht direkt verglüht. Die Pflanzenaromen werden dabei ganz sanft und ohne starken Rauch freigesetzt. Diese Art des Räucherns ist eine wunderbare Begleitung zu Yoga und eine Wohltat für gemütliche Abendstunden.
- Eine weitere tolle Variante ist das Räuchern mit Räucherbüscheln. Auch hier entwickelt sich ein intensiver Pflanzenrauch. Die Räucherbüschel können selbst gemacht werden, jedoch gibt es diese auch fertig zu kaufen, beispielsweise in Bioqualität von KRUUT (mit dem Code Blatt&Dorn bekommt ihr dort die Büschel 15 % günstiger – Werbung Kooperationspartner).
- Auch andere Methoden wie Räuchertoffees stehen uns zur Verfügung
Räuchern zu den Rau(c)hnächten
Eine ganz besondere Bedeutung hat das Räuchern schon immer in den „Rauhnächten“. Das zeigt sich auch im Namen dieser besonderen Zeit, der abgeleitet wird von dem mittelhochdeutschen „rouchnahten“ und „rouch“ was „räuchern“ bedeutet. In diesen Tagen „zwischen den Jahren“ feierte man früher den Sieg des Lichts über die Dunkelheit. Sie galten als Zeit des Innehaltens, der Andacht und des Rückzugs. Damals nahmen die Menschen schwere, gusseiserne Pfannen zur Hand, füllten diese mit rot leuchtender Ofenglut und Räucherwerk und gingen damit durch Haus und Stall um böse Mächte zu vertreiben. Vor allem in ländlichen Regionen blieb der Brauch des Räucherns in der Zeit zwischen den Jahren erhalten. Mancherorts hat es sich eingebürgert, nur an bestimmten Tagen im Jahr, wie z.B. an Heiligabend, Silvester und Heilige Drei Könige zu räuchern. Eine einzig wahre, „richtige“ Anleitung für die „perfekte“ Räucherung gibt es nicht. Räuchern ist stets auch etwas Persönliches, Individuelles und Intuitives und jeder und jede räuchert ein kleines bisschen anders. Wir können uns aber an den alten Traditionen orientieren und mit dem Räuchern dazu beitragen, mehr Ruhe und Ausgeglichenheit zu finden.

Zu guter Letzt
Um das Räuchern in den Raunächten voll und ganz genießen zu können, helfen diese Tipps zur Einstimmung:
- genug Zeit nehmen und elektrische Geräte wie Handy, Fernseher und große Lichter abdrehen
- einen gemütlichen Platz (alleine oder mit der Familie) aussuchen
- Räucherschale und Räucherwerk vorbereiten
- Licht dimmen und Kerzen anzünden
- innerlich zur Ruhe kommen, einige tiefe und bewusste Atemzüge helfen dabei
Alles rund ums Räuchern und die 12 Rauhnächte gibt’s auch in meinem neuen Räucherkunde Online-Kurs.
Disclaimer: Rezepte, Anwendungsvorschläge, Inhalte und Angaben wurden nach dem aktuellen Wissensstand
der Autorin sorgfältig recherchiert und verfasst, erfolgen aber ohne Gewähr. Sie stellen keinesfalls
Anspruch auf Vollständigkeit und/oder Richtigkeit im schulmedizinischen Verständnis. Es muss betont
werden, dass jeder Mensch unterschiedlich auf die Rezepte reagieren kann. Auch natürliche Zutaten,
Stoffe und Rohstoffe wie Pflanzenöle, ätherische Öle, Bienenwachs etc. können Allergien,
Unverträglichkeiten und andere Nebenwirkungen auslösen. Bei Beschwerden ist eine ärztliche Abklärung
unumgänglich. Die Autorin haftet nicht für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den gegebenen
Anregungen resultieren.
Vielen Dank für die Fotos an Markus Sandner & Felber-Spulak Media
Liebe Valerie,
ich bin so glücklich, dass ich durch dich zum Räuchern gekommen bin. Es entspannt mich einfach mega! Eine Frage habe ich noch: Warum muss das Räuchergut gut getrocknet sein? Ich räuchere fast immer mit Stövchen und habe ehrlich gesagt auch schon mal frische Orangenschalen darauf gelegt. Ist das nicht sinnvoll?
Liebe Grüße, Silke
Liebe Silke, vielen Dank – das freut mich sehr 🙂 Du kennst das ja vielleicht vom Lagerfeuer… wenn man noch nicht ganz durchgetrocknetes Holz/Äste/Laub drauf legt, kann sehr dicker und angenehmer Rauch und Qualm entstehen. Das sollte man verhindern. Wenn du aber mit ein paar Schaleb bisher gute Erfahrungen gemacht hast, kannst du das natürlich weiterhin so machen 🙂 LG Valerie
Liebe Valerie
Wo kann ich mich bei Deinem Räucherkunde Online – Kurs den anmelden? Auf deiner Homepage finde ich nur den Kräuterkurs.
Herzlichste Grüsse
Manuela Walliser
Liebe Manuela, der Kurs ist erst jetzt online 🙂 Hier findest du ihn: https://www.blattunddorn.at/raeucherkunde-online-kurs/ Danke für dein Interesse! LG Valerie
Hallo Valerie,
ich hatte schon mal kommentiert – aber ich glaube, der Kommentar ist irgendwie verloren gegangen. Ich bin durch dich zum Räuchern gekommen und bin zusammen mit meinen Kindern richtiger Räucher-Fan geworden. Liebsten Dank dafür!!
Ich habe noch eine Frage: Warum müssen die Räucherzutaten getrocknet sein? Ich habe zum Beispiel schon mal frische Orangenschalen mit verwendet. Hat das denn Nachteile?
Liebste Grüße, Silke
Liebe Silke, ich hab dein Kommentar grad gesehen und die vorige Frage beantwortet 🙂 Hoff, du findest den Beitrag jetzt 😉 LG Valerie
Liebe Valerie
Dein Räucher-Online-Kurs ist der Hammer. Ich bin be-geistert ;-)).Deine Erklärungen und im ersten Film der Rundgang zu u. mit deinem Grossvater, haben mich berührt und gleichzeitig, bekam ich eine tolle Information, über die Geschichtliche Begebenheiten des Räuchern. Vieles war mir bekannt und dennoch faszinierend von Dir erklärt bekommen zu haben. Endlich ein Onlinekurs indem alles deutlich vorgezeigt und sachlich, natürlich erklärt wird. Ich habe und konnte vieles schon ausprobieren und die Erklärungen gut umsetzen. Toll, dass ich zu dir gefunden habe! Es macht soviel Spass deiner Stimme zu lauschen und dir zu zuhören.
Danke für deine Bemühungen, einfach Toll!
Herzlichste Grüsse
Ela
Liebe Ela, tausend Dank für deine lieben Worte! Das freut mich so so so sehr. Gerade in dem Kurs zeige ich eine sehr persönliche Seite von mir und es rührt mich sehr wenn ich meinen Zugang zu diesem schönen Thema weitergeben kann. Alles Liebe, Valerie