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9x Toller Holler

Mai 20, 2020

Valerie Jarolim BSc., Kräuterpädagogin

Am Wald- und Wegrand, in Gärten und auf Almen leuchten uns nun die wunderschönen und duftenden Blüten des Holunders entgegen und warten nur darauf, von uns entdeckt zu werden. 

 

Heilkundlich genutzt wird der schwarze Holunder (bot. Sambucus nigra, Familie Geißblattgewächse), auch als Holler bekannt, schon seit sehr langer Zeit und viele Mythen und Brauchtümer ranken sich um diese wichtige Heilpflanze. 

Die Menschen früher verehrten ihn als Wohnsitz der Fruchtbarkeitsgöttin Frau Holle, welche vor Krankheit und Leid bewahrte. Aus diesem Grund wuchs ein kräftiger Holunderstrauch als Lebens-Schutzbaum bei jedem Bauernhaus und auch heute noch ist er in ländlichen Gegenden bei vielen Häusern zu finden. Einen Holunderstrauch umzuschneiden, galt als unglückbringend und früher zog man gar den Hut vor dem “mächtigen” und verehrenswerten Holler.

 

Für Heilzwecke wurden früher fast alle Pflanzenteile vom Holunder genutzt, was ihm auch den Namen ‘des Bauern Apotheke’ einbrachte. Von der Wurzel zur Rinde bis hin zu Blättern und Früchten wurde alles zu Haus- und Heilmitteln verarbeitet. Rinde und Blätter galten u. a. als stark abführende Mittel. Davon würde ich eher abraten. 

Heute nutzt man für Küche und Gesundheit hauptsächlich die Blüten und später im Jahr die herrlichen Früchte. Diese müssen kurz gekocht werden, da sie Giftstoffe enthalten, die erst durch das Kochen unschädlich gemacht werden.

Wir widmen uns in diesem Artikel aber voll und ganz den Blüten. Sie enthalten ätherische Öle, Glykoside, Flavonoide, Saponine, Gerbstoffe und Schleimstoffe. Diese Inhaltsstoffe machen sie zu einem der beliebtesten heimischen pflanzlichen Mitteln in der Erkältungszeit.

Ein bisschen Botanik vorab:

Der Holunder ist eine beliebte Heckenpflanze und wird ein 3-7 Meter hoher Busch bis Baum. Seine hellgraue Rinde ist warzig, rissig und stark riechend. Die Blätter sind gefiedert, fein gesägt und das Endblatt ist meist größer als die seitlichen. Im Spätsommer und Herbst bildet der Holunder an den Dolden schwarze bis schwarzviolette, kugelige, rotsaftige und 4-6 mm große Steinfrüchte. Der Fruchtstand ist dabei meist überhängend. 

Die 10-15 cm breiten Holunderblüten setzen sich aus vielen kleinen, gelblich-weißen Einzelblüten zusammen und erscheinen im Ganzen schirmartig. Diese Blütenform wird als Blütendolde bezeichnet, weshalb in den meisten Rezepten von den ‘Holunderblütendolden’ die Rede ist. 

Der Holunderstrauch blüht von Mai bis Juli und so stehen uns die Blüten etwa zwei Monate lang zur Verfügung. Gut so, denn Rezepte für Gesundheit und Küche gibt es in Hülle und Fülle.

Verwechslungen sind mit anderen Heckenpflanzen, Sträuchern und Bäumen wie mit der Vogelbeere, den Schneeballarten und anderen Holunderarten (Zwerg- und roter Holler) möglich. Typisch für den schwarzen Holunder sind der unverkennbare Duft der Blüten sowie die Blattform. 

Gefährlich wäre eine Verwechslung z. B. mit dem Zwergholunder (Attich). Der Zwergholunder ist ein niedrig wachsender Strauch mit ähnlichen, aufrecht stehenden Blüten und später viel kleineren Fruchtständen. Im Gegensatz zu Holunder verholzt Attich nicht und weder Blüten- noch Fruchtstand hängen über, sondern stehen immer aufrecht. 

Der rote Holunder wird zum Teil auch genutzt. Ich würde aber eher davon abraten. Er hat einen anderen Blütenstand (eher traubenförmig) und rote Beeren. 

Achtung: Holler enthält in den rohen Früchten, in der Rinde und in den Blättern den Stoff Sambunigrin. Er kann leichte Vergiftungen mit Übelkeit, Erbrechen und Durchfall auslösen. Durch Hitze, Trocknung und Einlegen in Alkohol geht die leichte Giftigkeit verloren, weshalb Früchte nie roh sondern am besten nur gekocht aufgenommen werden sollten.

 

Holunderblüten ernten 

Die Holunderblüten werden am besten an einem trockenen und sonnigen Tag zur Mittagszeit gesammelt und sollten vor der Weiterverarbeitung auf keinen Fall gewaschen werden, da sonst Geschmack und Inhaltsstoffe verloren gehen können. 

Man schneidet beim Sammeln am besten eine ganze Dolde mit einer Schere ab und transportiert sie in einem luftigen Korb oder Sackerl nach Hause. Wie immer gilt auch hier, dass nur gesammelt wird, was man zu 100 % kennt und kein Raubbau betrieben wird. Wir sammeln daher immer nur wenig! 

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Meine Lieblings-Rezepte mit Holunderblüten 

Volle Immunpower voraus – der Holunderblütentee 

Die Blüten des Holunders enthalten Flavonoide, Schleimstoffe und ätherische Öle. Dieser Mix an Inhaltsstoffen wirkt schweißtreibend, fiebersenkend und schleimlösend und empfiehlt sich daher bei allen Erkältungskrankheiten wie Grippe, Schnupfen und Bronchitis sowie zur Vorbeugung dergleichen. 

Am besten ist es dazu, den Holunderblütentee möglichst heiß zu trinken. Er wärmt schön von innen und hilft den Abwehrkräften auf die Sprünge. Vor allem in der kalten Jahreszeit für mich ein Pflichtprogramm 😉 

Zubereitung:

2 TL von den getrockneten Blüten (oder 3 TL frische) werden mit einer Tasse kochendem Wasser übergossen. Fünf Minuten zugedeckt ziehen lassen und danach abseihen.

Da es die abwehrstärkenden Holunderblüten nur im Frühjahr zu finden gibt, müssen diese, möchte man ihre Heilkräfte auch in der kalten Jahreszeit und während der Erkältungszeit nutzen, getrocknet werden. 

Dazu werden die ganzen, frisch gesammelten Blütendolden nebeneinander an einem schattigen und luftigen Ort aufgelegt (z. B. auf Papier, Leintuch oder Gitter).

Bei Zimmertemperatur sind die Blüten nach etwa zwei Wochen trocken und können etwas zerkleinert zur Aufbewahrung in Gläser gefüllt werden. Am bestn entfernt man außerdem so gut es geht die grünen Stiele mit einer Schere. An einem dunklen Ort aufbewahrt, sind die getrockneten Holunderblüten etwa ein Jahr haltbar.  

Den Holunderblütentee kann man aber nicht nur trinken, sondern auch äußerlich anwenden. Eine Inhalation unterstützt die schleimlösende Wirkung und tut den Atemwegen gut. Ein Fuß- oder Vollbad regt die Schweißbildung verstärkt an. Gurgeln mit dem Tee soll bei rauem Hals und kleinen Entzündungen im Mund-, Hals und Rachenraum helfen.

Eine Kompresse hilft bei Ohrenschmerzen und kann auch bei Stirn- und Nebenhöhlenentzündung lindernd und wohltuend wirken. Für die Kompresse füllt man Teebeutel mit den Blüten und lässt diese in einem Dampfsieb über Wasserdampf erwärmen, bevor man sie auflegt.

 

Der Klassiker – Holunderblütensirup

Den Holunderblütensirup kennt und mag wohl fast jedeR. Die meisten kaufen ihn im Supermarkt, dabei ist das Sirup-Machen wirklich keine Hexerei und noch dazu fast gratis. Gekaufte Sirupe enthalten zudem meist den Konservierungsstoff Zitronensäure, auf den ich wirklich gerne verzichte. Dieses Rezept kommt ganz ohne Konservierung aus! 

Zutaten für 5 Liter:

3 l Wasser 

2 kg Zucker

6-8 Bio-Zitronen 

20-30 Holunderblütendolden 

Zubereitung:

Wasser und Zucker gemeinsam zum Kochen bringen. Zitronen in Scheiben schneiden und mit den Blüten in einen Topf geben. Anschließend das heiße Zuckerwasser darüber gießen und das Ganze zugedeckt und eher kühl etwa drei Tage stehen lassen und immer wieder umrühren. Danach abseihen und den Sirup zur längeren Haltbarkeit noch einmal kurz aufkochen. 

In saubere Flaschen umfüllen und kühl und dunkel lagern. Ich fülle am liebsten in mehrere kleine Fläschchen ab. Sollte einer schlecht werden, muss man nicht den gesamten Sirup wegschütten. Der Sirup ist ein Jahr haltbar. 

Wer eine Sirup-Variante ohne raffinierten, weißen Zucker versuchen möchte, wird (vielleicht) mit dem Holunderblüten-Oxymel glücklich: 

 

Holunderblüten-Oxymel (Sauerhonig) 

Als Oxymel bezeichnet man ein altes und fast vergessenes Haus- und Heilmittel bestehend aus Essig und Honig. Es hat pur bereits viele gesundheitliche Vorteile. Es kann  die Verdauung fördern, die Abwehrkräfte stärken und den basischen Stoffwechsel fördern. 

Erweitert man das Oxymel noch mit Kräutern wie Holunderblüten, lösen sich ihre Inhaltsstoffe und gehen in das Oxymel über. So verstärkt sich die Wirkpalette des puren Oxymels. 

 

Das Holunderblüten-Oxymel kann vorbeugend in der kalten Jahreszeit, bei Husten und Schnupfen und allgemein bei den gleichen Wehwehchen wie der Tee eingenommen werden. Dazu trinkt man ein- bis dreimal täglich 1-2 EL Oxymel mit etwas Wasser verdünnt. 

Plus: Das Oxymel lässt sich auch in der Küche einsetzen. Es kann mit Olivenöl zu einem Dressing angerührt oder mit Mineralwasser aufgespritzt als sommerliches Erfrischungsgetränk zubereitet werden. Es schmeckt gerade als “Drink” fast genauso wie der Holunderblütensirup, wurde aber schonend weil kalt angesetzt (damit gehen keine Inhaltsstoffe verloren) und kommt ohne raffinierten Zucker und Zitronensäure aus. 

Der Zucker bzw. die Süße, die wir im Sirup haben wollen, kommt vom mineralstoffreichen Honig und die nötige Säure vom Essig. 

 

Zubereitung Holunderblüten-Oxymel:

Für ein kleines Glas füllt man 5-8 EL Honig (je nachdem, wie süß es sein soll) mit 10 EL Apfelessig in ein Glas und verrührt alles gut. Die Blüten von 2-3 Holunderblütendolden werden so gut es geht von den grünen Stielen getrennt, in das Honig-Essig-Gemisch eingelegt und das Glas verschlossen. Nun lässt man das Ganze 2-4 Wochen in Schatten ziehen und schüttelt gelegentlich. Während der Ziehzeit lösen sich die Pflanzeninhaltsstoffe und gehen in das Oxymel über. 

Danach seiht man durch ein Tuch oder Sieb ab, um die Pflanzenrückstände aufzufangen und füllt das fertige Oxymel in kleine Flaschen. Es ist bei Zimmertemperatur und dunkel gelagert etwa ein Jahr haltbar.

 

Für heiße und zuckerfreie Tage – Holunderblütenwasser 

Die einfachste Möglichkeit, das feine Aroma der Holunderblüten zu genießen, ist das Holunderblütenwasser, aka “infused water”. Dazu gibt man einfach 2-3 Blütendolden auf 1 Liter Wasser in einen Wasserkrug und lässt das Ganze etwas ziehen. Gerade an heißen Sommertagen, wo der Körper viel Wasser braucht, ist das ein idealer Durstlöscher ganz ohne Zucker.

Noch eine super Variante ist die Holunderblüten-Limonade – auch sie kommt ganz ohne raffinierten Zucker aus und ist super erfrischend. Dazu entfernt man so gut es geht die grünen Teile vom Stiel und mixt die Blüten mit Wasser. Auf einen halben Liter Wasser nimmt man etwa 3 Blütendolden. Das Ganze lässt man dann mindestens zwei Stunden im Kühlschrank ziehen. 

Dann seiht man durch ein Sieb ab, drückt die Blüten gut aus und vermengt das Holunderblütenwasser mit 2 TL Honig oder Agavendicksaft und dem Saft einer halben Zitrone. Ein Schuss Mineralwasser macht die Limo besonders prickelnd. 

Die Blüten am Teller – Holunderküchlein 

Die Holunderblüten werden aufgrund ihres feinen Aromas gerne für Süßspeisen aller Art verwendet. Eine einfache und zugleich sehr köstliche Variante sind die in Teig gebackenen Blüten – die Holunderküchlein. 

Man wählt eine Teigvariante nach Belieben – (vegane) Palatschinken-, Waffel- bzw. Pancake-Teig – und vermengt die Zutaten. Die frischen Blüten hält man dann am grünen Stiel fest und tunkt sie in den Teig. In einer Pfanne brät man sie dann mit reichlich Butter oder Öl und bestreut sie vor dem Servieren mit Staubzucker. Mahlzeit! 

Auch lecker – der Holunderblüten-Essig

Für den Holunderblüten-Essig werden die ganzen Blütendolden einfach für mehrere Wochen in Weißweinessig eingelegt. Danach kann man abseihen, muss man aber nicht. Die Blüten können als Deko im Essig bleiben. Der Holunderblüten-Essig ist besonders fein, leicht süßlich und herrlich aromatisch. 

Für die ganz Süßen – das Holunderblüten-Gelee:

Dazu übergießt man 20-30 Blütendolden mit 1 Liter Apfelsaft und lässt das Ganze etwa 24 Stunden lang ziehen. Danach seiht man durch ein Tuch ab, presst die Blüten gut aus und kocht das Ganze mit der passenden Menge Gelierzucker ein. Dann füllt man alles in Gläser und fertig 🙂

 

Für die Hautpflege – Holunderblütenöl 

Aus den Holunderblüten lässt sich ein wunderbares Körperöl herstellen, das bei empfindlicher, rauer und rissiger Haut Abhilfe schafft und sogar bei leichtem Sonnenbrand lindernd wirken soll. 

 

Dazu lässt man die Blütendolden in kaltgepresstem Pflanzenöl etwa vier Wochen ziehen. Es eignen sich z. B. Mandelöl für empfindliche Haut, Olivenöl als sehr reichhaltige Pflege bei trockener Haut oder Sonnenblumenöl als leichtes Öl, das schnell einzieht. 

Für 250 ml Holunderblütenöl braucht man 3-4 Blütendolden. Diese werden vor dem Ansetzen gut zerkleinert und in ein verschließbares Gefäß (z. B. ein sauberes Marmeladeglas) gefüllt, welches mit dem Öl aufgegossen wird. 

Die ersten Tage deckt man das Glas am besten nur mit einem Tuch ab (Wasser verdunstet von den Pflanzen) und danach kann man es verschließen. Nach der Ziehzeit wird das Öl durch ein sauberes Tuch gefiltert und in Flaschen umgefüllt. Man massiert es am besten nach der Dusche in die noch feuchte Haut ein. Das Öl ist etwa sechs Monate haltbar.

Disclaimer: Rezepte, Anwendungsvorschläge, Inhalte und Angaben wurden nach dem aktuellen Wissensstand der Autorin sorgfältig 
recherchiert und verfasst, erfolgen aber ohne Gewähr. Sie stellen keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit und/oder
Richtigkeit im schulmedizinischen Verständnis.  Es muss betont werden, dass jeder Mensch unterschiedlich auf die Rezepte
reagieren kann. Auch natürliche Zutaten, Stoffe und Rohstoffe wie Pflanzenöle, ätherische Öle, Bienenwachs etc. können Allergien,
Unverträglichkeiten und andere Nebenwirkungen auslösen. Bei Beschwerden ist eine ärztliche Abklärung unumgänglich. Die Autorin
haftet nicht für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den gegebenen Anregungen resultieren.

 

 

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